Übertourismus-Index: Warum diese Reiseziele als „behütet“ gelten

Wanderer auf der Hügelfront der wunderschönen idyllischen Landschaft in Mäntyharju. Finnland zählt zu den „behüteten Reisezielen“, für die du Europa nicht verlassen musst.
Quelle: Getty Images
In Europa und weltweit kämpfen viele touristische Hotspots mit den Folgen des sogenannten Overtourism. Strand-Reiseziele gehören dabei zu den Urlaubsorten, die am stärksten durch den Massentourismus gefährdet sind.
Das zeigen die Ergebnisse des Übertourismus-Index, den die Reiseplattform „Evaneos“ und die Unternehmensberatung „Roland Berger“ erarbeitet haben.
„Übertourismus wird oft subjektiv empfunden. Deshalb schaffen wir mit dem Übertourismus-Index ein Instrument, das die Debatte versachlicht und als Entscheidungshilfe für die Akteurinnen und Akteure der Tourismusindustrie dienen soll. Ziel ist es, das Phänomen greifbar zu machen, um besser agieren und reagieren zu können“, erklärt Letsy Vattanirappel von Evaneos dem reisereporter auf Nachfrage.
Übersicht
So funktioniert der Übertourismus-Index
Mit dem Übertourismus-Index werden stichprobenartig 70 der weltweit 100 beliebtesten Reiseziele auf einer Skala von eins (geringe Gefährdung) bis fünf (extreme Gefährdung) anhand von vier Kriterien bewertet: internationale Reisende pro einheimische Person, internationale Reisende pro Quadratkilometer, saisonale Konzentration und der sogenannte Nachhaltigkeits-Reifegrad, mit dem unter anderem soziale Auswirkungen des Tourismus oder seine Konsequenzen für die Infrastruktur gemessen werden.
Dann werden die Reiseziele Gefährdungstypen zugeteilt: Strand-Reiseziele, beliebte europäische Reiseziele und städtische Reiseziele. Zusätzlich gibt es die Kategorie „Reiseziele unter Beobachtung“, welche Destinationen beinhaltet, die Präventivmaßnahmen erfordern.
Griechenland besonders vom Massentourismus betroffen
Mit einer Bewertung von 4,2 im Übertourismus-Index gehört beispielsweise Griechenland zu den Reisezielen, die im Sommer besonders anfällig für Übertourismus sind. Als erste Maßnahme aufgrund der Ergebnisse des Übertourismus-Index hat „Evaneos“ daher sein Angebot angepasst: Seit Januar 2025 werden bis auf Weiteres Mykonos und Santorin in der Sommersaison nicht mehr als Reiseziele angeboten.
„Behütete Reiseziele“ als Alternative
Die Kategorie „Behütete Reiseziele“ fasst dagegen Reiseziele zusammen, die weitestgehend vom Massentourismus verschont geblieben sind. Von 70 in der Studie untersuchten Destinationen fallen 23 Länder in diese Kategorie. Urlauberinnen und Urlauber haben demnach immer noch eine große Auswahl an Zielen abseits der Touristenmassen. Doch auch hier müssen einige Punkte beachtet werden.
Wir stellen die „behüteten Reiseziele“ und was sich dahinter verbirgt, einmal genauer vor.

Norwegen gehört zu den „behüteten Reisezielen“, die du innerhalb Europas entdecken kannst – ganz ohne Fernreise.
Quelle: IMAGO/Westend61
Ranking: Diese Reiseziele sind „behütet“
Volle Strände, lange Schlangen vor den Sehenswürdigkeiten, überfüllte Restaurants, ein Irrsinns-Verkehr auf den Straßen, hohe Preise, Probleme mit der Wasserversorgung und missgestimmte Einheimische können die Urlaubslaune ganz schön trüben. Entspannter kann es da an den sogenannten „behüteten Reisezielen“ zugehen.
Wie „Evaneos“ dem reisereporter erklärt, sei der Begriff „behütet“ (im englischen Original „preserved“) für den Index gewählt worden, da diese Destinationen derzeit nur in sehr begrenztem Maße von Übertourismus betroffen seien. Dies liege unter anderem daran, dass die Ziele über eine große Fläche verfügen und deshalb eine ausgewogenere Verteilung der Touristinnen- und Touristenströme aufweisen als andere Destinationen.
Unter den „behüteten Reisezielen“ ist auf Platz elf auch Deutschland gelistet, weitere europäische Länder im Ranking sind Finnland, Norwegen, Polen und Schweden:
- Australien: Index 1,5
- USA: Index 1,7
- Tansania: Index 1,8
- Peru: Index 1,8
- Argentinien: Index 1,8
- Kolumbien: Index 1,9
- Iran: Index 2 – Vor Reisen in den Iran wird aktuell gewarnt!
- Ecuador: Index 2
- Uruguay: Index 2,1
- Finnland: Index 2,1
- Deutschland: Index 2,2
- Südafrika: Index 2,2
- Brasilien: Index 2,2
- Chile: Index 2,2
- Indonesien: Index 2,2
- Kanada: Index 2,3
- Neuseeland: Index 2,4
- Kasachstan: Index 2,5
- Norwegen: Index 2,5
- Polen: Index 2,7
- Schweden: Index 2,7
- Japan: Index 2,7
- Usbekistan: Index 2,7

Norwegen zählt zu den „behüteten Reisezielen“, für die du Europa nicht verlassen musst.
Quelle: IMAGO/robertharding
Dass manche Länder in der Kategorie „behütete Reiseziele“ zu finden sind, dürfte auf den ersten Blick überraschen, daher ist es wichtig zu wissen, dass der Index auf Länderebene erstellt wurde:
Peru und Japan beispielsweise seien zwar als „behütete Reiseziele“ eingestuft worden, aber innerhalb dieser Länder gebe es trotzdem Regionen, die stark unter den Auswirkungen des Übertourismus leiden, erklärt „Evaneos“ dem reisereporter. Dies zeige, dass die Auswirkungen des Tourismus innerhalb eines Landes sehr unterschiedlich sein können. An dieser Stelle sei „lokales Know-how unerlässlich, um die Reisenden von den ausgetretenen Pfaden abzubringen oder sie für die Nebensaison zu begeistern“.
Bei genauerer Betrachtung der Ergebnisse zu Australien und den USA konnte zudem festgestellt werden, dass die Länder eine hohe Anzahl an Touristinnen und Touristen aufweisen. Jedoch würden ihr Reifegrad in Bezug auf Nachhaltigkeit und ihr großes Territorium ihnen es dennoch ermöglichen, eine große Anzahl an Besuchenden aufzunehmen, ohne die Umwelt und die Lebensqualität der Bevölkerung zu sehr zu beeinträchtigen.
Lösungen müssten für diese Destinationen individuell gefunden werden: Beispielsweise würden neben den USA (1,7) und Australien (1,5) auch Kanada (2,3) und Tansania (1,8) von einem großen Gebiet und einer ausgewogenen Verteilung der Besucherinnen und Besucher über das ganze Jahr profitieren. Sie seien dank einer geringen Tourismusdichte und eines guten Saisonmanagements weniger vom Übertourismus betroffen, müssten aber wachsam bleiben, um diese günstige Situation beizubehalten, so „Evaneos“.
Einführung von Kontingenten und eine begrenzte Anzahl an Besucherinnen und Besuchern pro Tag zählen hier zu den Maßnahmen gegen Übertourismus. Umgesetzt werden diese beispielsweise schon für den Besuch der Inka-Ruinenstadt Machu Picchu in Peru. Am Mount Fuji in Japan werden mittlerweile Gebühren erhoben. Außerdem wurde der Zugang zum berühmten Vulkan begrenzt.

Der Berg Takao (im Bild) zählt zu den vielen Wanderalternativen zum Fuji. Von oben ist der schneebedeckte Vulkan nicht zu übersehen.
Quelle: IMAGO/Wirestock
Tipps für einen respektvollen Urlaub gegenüber Einheimischen findest du hier.
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